Elisabeth Holmes verdiente mit nicht funktionierenden Bluttests Millionen. Sie schaffte es als jüngste Selfmade-Millionärin sogar auf das Cover von Forbes. Dann folgte der tiefe Sturz des einst gefeierten Stars aus dem Silicon Valley. Die Theranos-Gründerin Elizabeth Holmes wurde nun wegen Betrugs zu 11 Jahren Haft verurteilt.
Es ist ein vergleichsweise hartes Urteil: Die Gründerin des US-Bluttest-Start-ups Theranos muss mehr als elf Jahre ins Gefängnis. Dieses Strafmaß setzte das Bezirksgericht in San Jose, Kalifornien, am Freitag fest. US-Medien zufolge will Holmes Berufung gegen das Urteil einlegen.
Holmes‘ Anwälte hatten mit einer Höchststrafe von maximal 18 Monaten gerechnet. Die 38-Jährige erwartet laut „New York Times“ derzeit ihr zweites Kind. Vor Gericht war sie sichtlich schwanger in schwarzem Kleid und Mantel erschienen.
Bereits im Januar dieses Jahres hatte eine Jury Holmes wegen vielfachen Betrugs schuldig gesprochen. Sie sah den Betrug an den Investoren des Start-up-Unternehmens als erwiesen an. Der einstige Silicon-Valley-Star hatte den Geldgebern vorgegaukelt, mit einem einzigen Tropfen Blut bis zu 70 verschiedene Blutwerte – von Cholesterin bis hin zu Krebsindikatoren – analysieren zu können. Tatsächlich funktionierte die Technologie nie.
Schon im Januar ließ sich Holmes schwängern, um mit einer milden Strafe rechnen zu können. Auch die zweite Schwangerschaft im jetzigen Verfahren konnte Holmes nicht vor einer Verurteilung retten. Die Geschworenen ließen sich auch diesmal nicht hinters Licht führen.
Die Verkündigung des Strafmaßes stellt den Schlussstrich unter einen langjährigen Prozess dar, der das Silicon Valley in Atem gehalten und Bücher, Dokumentationen und Filme über die Studienabbrecherin von der Stanford University inspiriert hat. Bei Verkündigung des Strafmaßes umarmte Holmes ihre Eltern. Zuvor hatte sie sich unter Tränen an das Gericht gewandt, sich bei den Opfern und Investoren entschuldigt und gesagt, sie übernehme die volle Verantwortung für Theranos.
„Ich bin am Boden zerstört über mein Versagen“, sagte Holmes. „Rückblickend gibt es so viele Dinge, die ich anders machen würde, wenn ich die Chance dazu hätte. Ich habe versucht, meinen Traum zu schnell zu verwirklichen.“

Ex-Lebensgefährte wurde bereits verurteilt.
Im Juli war bereits der Ex-Lebensgefährte und frühere Präsident von Theranos, Ramesh „Sunny“ Balwani, in allen Anklagepunkten für schuldig befunden worden. Ihm drohen 20 Jahre Haft. Theranos hatte versprochen, die Gesundheitsbranche durch günstige Bluttests zu revolutionieren. Zwischenzeitlich war das Start-up zehn Milliarden Dollar wert.
Holmes und Balwani hatten Investoren und Patienten laut Gericht über die Leistungsfähigkeit der Theranos-Geräte belogen. Die eigene Technologie wurde zwischen 2003 und 2015 als führend herausgestellt. Tatsächlich wurden wichtige Bluttests nicht auf Theranos-eigenen Apparaten durchgeführt, sondern auf Siemens-Maschinen.
Als die Probleme ans Licht kamen, brach Theranos nach dem Einschreiten der US-Aufsicht und Aktionärsklagen zusammen. Holmes war eine der wenigen weiblichen Gründungspersönlichkeiten im Silicon Valley. Ihre Prominenz – Holmes war unter anderem Gast im Weißen Haus – führte zu einer großen öffentlichen Aufmerksamkeit für den Fall.
Wesentliche Rolle von Balwani und Holmes
Holmes fungierte als das öffentliche Gesicht des Unternehmens. Laut der Staatsanwaltschaft spielte aber auch Balwani, heute 57, eine wesentliche Rolle. E-Mails und Textnachrichten zeigten, dass die beiden sowohl beruflich als auch in einer Liebesbeziehung miteinander verbunden waren.
Balwani hatte die Vorwürfe in seinem Verfahren zurückgewiesen. Seine Anwälte argumentierten, die Staatsanwaltschaft habe sich nur einen Bruchteil der Bluttests herausgepickt: jene mit besonders schlechten Ergebnissen. Millionen andere Tests in einer nicht mehr existenten Theranos-Datenbank seien ignoriert worden. Gegen Balwani wurde angeführt, dass er eine Zeit lang das in der Firma streng abgeschottete Labor geleitet hatte.
Holmes hatte Balwani in ihrem Verfahren vorgeworfen, sie sexuell und psychisch missbraucht zu haben. Die Staatsanwaltschaft hingegen hatte argumentiert, Balwani und Holmes hätten eng zusammengearbeitet, um den Betrug, der durch Recherchen des „Wall Street Journals“ ans Licht kam, aufrechtzuerhalten.
Die FAZ schreibt dazu:
Der Schuldspruch betrifft allerdings nur vier von insgesamt elf Anklagepunkten, wie unter anderem das „Wall Street Journal“ und der Finanzdienst Bloomberg am Montag aus dem Gerichtssaal im kalifornischen San Jose berichteten.
Die heute 37-Jährige wurde als Visionärin gefeiert und in Presseartikeln mit Apple-Gründer Steve Jobs verglichen – was von ihrer Vorliebe für schwarze Rollkragenpullover noch unterstützt wurde.